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[   Band 1:    Einleitung   ]


Im Jahre 1809 verlor sie nach schwerer Krankheit den Gatten.
Ihr blieb die Aufgabe, das einzige Kind aus dieser Ehe, den 1795
geborenen Adolf, zu erziehen, und es wurde der bitterste Tropfen
in ihrem Leidenskelch, daß sie es nicht vermocht hat, seine im
Grunde edle, aber wilde, leidenschaftliche Natur zu zügeln. 1813 sah
sie ihn mit Begeisterung zur Befreiung des Vaterlands in den
Krieg ziehen. Aus den Gefahren des Feldzugs ging er unversehrt
hervor, aber den Versuchungen eines ausschweifenden Lebens konnte
seine sinnliche Natur nicht widerstehen. Körperlich und seelisch ge-
brochen kehrte er 1821 zur Mutter zurück. Sie pflegte ihn mit
hingebender Treue, und gerade als sie hoffen durfte, ihn wieder
auf den rechten Weg gebracht zu haben, wurde er ihr an seinem
dreißigsten Geburtstage durch einen Jagdunfall entrissen.
Von nun an sah sie fast alljährlich eine der teuren Gestalten,
die sie geliebt, mit denen sie in beglückendem geistigen Austausch
gestanden, ins Grab sinken. Ihr aber war das hohe Alter von
fast vierundachtzig Jahren beschieden. Sie starb am 11. Januar 1847.
Für ihren Grabstein bestimmte sie die Worte:
                   Sie irrte, litt, liebte,
                         verschied
                    im Glauben an Christum
                     die erbarmende Liebe.

Die beiden dem Tugendbund zuletzt beigetretenen Mitglieder,
Caroline v. Beulwitz und Therese Forster, brachten zwar viel An-
regung, wollten und konnten sich indessen den Vorschriften nicht
recht fügen. Beide hatten schon die Härten, Therese Forster sogar
die Not des Lebens kennen gelernt; ihnen konnte dieser Bund mit
seiner verschwommenen Gefühlsseligkeit nicht viel bieten. Ihr
Unglück war zu tief und echt, um es Unbekannten preiszugeben,
und so wehrten sich beide gegen den statutarisch festgelegten


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